Reflexionen #4
Ost-West-Dialog



In einer lockeren Reihe zeigt die Bode Galerie (Nürnberg/Daegu-Korea/Frankfurt) Ausstellungen mit dem Titel "Ost West Dialog", worin koreanische Künstler in Dialog mit deutschen Künstlern treten. Eine Station dieser Ausstellungsidee war 2012 auf einer der größten asiatischen Kunstmessen KIAF (Korean International Art Fair) in Seoul, Südkorea, zu sehen. Teilnehmende Künstler waren Lee Ufan, Mun-Ho Kim, Koo Ja-Hyun, Werner Knaupp, Christopher Lehmpfuhl und Harry Meyer.
Ausstellungskonzept
Möchte man eine Verbindung zwischen fernöstlicher und abendländischer Kunst herstellen, interagieren zunächst die unterschiedlichsten Weltsichten und Haltungen. Erste Formen der Begegnung werden in der Regel beschrieben mit Begriffen wie „Annäherung“, „gegensätzliche Pole“ und „Dialog“.
In diesem Ausstellungskonzept möchten wir insbesondere den Begriff „Dialog“ herausstellen. Indem wir jeweils drei koreanische und drei deutsche künstlerische Positionen verbinden, beziehen wir uns auf das bereits geknüpfte Netzwerk zwischen diesen Positionen. Damit kann die Ausstellung eine interkulturelle Begegnung werden.
Harry Meyer behandelt in seinen Landschaftsgemälden Themen wie z. B. die Beziehungen zwischen den Welten; oder, in einer parallelen Werkgruppe, Transzendentalität oder die Menschwerdung. In der Auseinandersetzung mit diesen essentiellen Themen erweitert Harry Meyer Malerei zu einer persönlichen Haltung.
Auf ähnliche Weise behandelt der koreanische Keramiker Kim Mun-Ho natürliche Materialien und kulturelle Bräuche. Er versucht, die Einflüsse, welche die Natur auf sein Arbeitsmaterial, den Ton, nimmt, sichtbar zu machen und diese mit Zurückhaltung zu behandeln.
Auch Christopher Lehmpfuhl bezieht sich auf die Einflüsse der Natur, insbesondere auf das natürliche Licht. Indem er den impressionistischen Gedanken fortführt, legt er besonderen Wert auf die Wiedererkennbarkeit eines speziellen Ortes ausschließlich anhand der spezifischen Lichtbedingungen. Auf diesem Weg möchte er das abstrakte Phänomen „Licht“ darstellen.
Die Darstellung abstrakter Dinge ist auch ein wichtiges Thema innerhalb des Werkes von Koo Ja-Hyun. Mit einem geometrischen Formenvokabular erreicht er eine Malerei der Einfachheit; mit Hilfe der Möglichkeiten von Malerei und Graphik sucht er danach, philosophische Themen wie Harmonie oder Spiritualität darzustellen.
Der deutsche Künstler Werner Knaupp versucht ebenso, diese Herausforderungen anzunehmen. Im Laufe seines Lebens hat er sich selbst immer wieder extremen menschlichen und natürlichen Erfahrungen ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund ließ er Kunstwerke entstehen, die die Fragen nach den Grenzen der menschlichen Existenz diskutieren.
Lee Ufan’s Arbeiten hingegen bringen die östliche und die westliche Hemisphäre von Anfang an zusammen. Auf der einen Seite ist seine Malerei traditionell verwurzelt, auf der anderen ist sie beeinflusst von den Lehren des deutschen Philosophen Martin Heidegger. Mit dem Bewusstsein, dass die Präsentation von Dingen der Realität näherkäme als die Erschaffung von Dingen, begann Lee, bereits vorhandene Objekte zu zeigen, und betonte dabei deren Qualitäten und Beziehungen zueinander. Aber im Gegensatz zu westlichem Minimalismus oder der Konzeptkunst, haben seine Arbeiten stets eine traditionelle Basis. Sein graphisches Werk und seine Malerei thematisieren abstrakte Phänomene wie Raum und Zeit.
Diese unterschiedlichen Kontexte zwischen den sechs vorgestellten Künstlern aus Fernost und dem Westen zeigen die Tatsache an, dass, trotz unterschiedlichen Bildungskanons, viele Verbindungen zwischen diesen Kulturen existieren. Es könnte möglich sein, mit dieser Ausstellung diesen interkulturellen Dialog fortzuführen.
Besonders hervorheben möchte ich die Begegnung mit dem Werk des 1936 in Südkorea geborenen Lee Ufan (이우환), auch Yi U-hwan (李禹煥) genannt, der als Maler und Bildhauer mit seinem minimalistischen Werk sowohl asiatische als auch europäische Denkansätze miteinander verbindet.
Zur Person
Lee Ufan war in den 1960er Jahren einer der zentralen Figuren der in Japan tätigen Künstlergruppe Mono-ha (jap. 物派, „Gruppe der Dinge“). Diese postulierte eine entschiedene Entwestlichung und kämpfte damit gegen die westliche Moderne in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. In Europa wurde er mit seiner Teilnahme an der Documenta 6 in Kassel 1977 bekannt. Seit den 1970er Jahren lebt er in Paris und Tokio, wo er an der Kunsthochschule Hama auch eine Professur innehatte. In 2010 eröffnete das monographische „Lee-Ufan-Museum“ auf Naoshima (jap. 李禹煥美術館, Ri Ukan bijutsukan) in Japan. Die umfangreichste Retrospektive in Europa zeigte bisher 2019 das Centre Pompidou Metz mit dem Titel: "Lee Ufan – Inhabiting time".
Zum Werk
Sein Werk entsteht in einer gründlichen Auseinandersetzung mit europäischer Philosophie-Geschichte und dem vergleichbaren ostasiatischen philosophischen Ansatz. Sowohl US-amerikanische Minimal Art Ideen, und Land Art mit den traditionellen asiatischen Raumkonzepten, werden integriert. Seine einzelnen Werkgruppen werden von ihm kontinuierlich durch theoretische Essays erörtert. Wichtige Werkgruppen sind Relatum, From Points und From Lines, From Winds, With Winds und Correspondance.
Zitat
"Schließlich möchte ich durch die Begrenzung des Ego auf ein Minimum den Bezug zur Welt auf ein Maximum steigern. Ich bin es, der die Korrespondenzen herbeiführt, aber dass einen aus dem Werk heraus ein Unendlichkeitsgefühl anweht, das beruht auf der Kraft des leer gebliebenen Raumes. Meine Werke, hoffe ich, erscheinen auch anderen als das, was sie für mich selbst sind, halbtransparente Dinge, die stets das Unbekannte in sich einschließen."
Umfassende Informationen sind dem wunderbaren 2007 bei Steidl erschienenen Buch von Dr. Silke von Berswordt-Wallrabe "Lee Ufan - Begegnung mit dem Anderen" zu entnehmen.

In dieser Schau in der Kunsthalle Osnabrück habe ich neue künstlerische Positionen kennengelernt, die mich bis heute anregen – vor allem den Karlsruher Jochen Schambeck, von dem ich schon vorher Kataloge in meiner Bibliothek hatte; dann die strengen weißen Streifenbilder von Erik Oldenhof aus Amsterdam; oder den Niederländer Jan de Beus, der die Triebkräfte der Farbe zelebriert.
Am erstaunlichsten war die Wiederbegegnung mit Justus Jahn und seinen Werken. Der Künstler ist heute leider fast vergessen. Seine denkwürdige Ausstellung hatte ich 1985 im Württembergischen Kunstverein gesehen. Er lebt heute völlig zurückgezogen im Norden von Finnland und verkauft dort Landmaschinen. Traurig aber wahr: Einer der wichtigen deutschen Maler verschwindet im Nirgendwo, weil er hier keine Möglichkeiten mehr sah.
Ein weiterer Teilnehmer war Bram Bogart, der sein Kommen angekündigt hatte, dies jedoch aus gesundheitlichen Gründen leider nicht wahrmachen konnte. Ihm bin ich in seinen späten Jahren in der Galerie Marianne Hennemann in Bonn begegnet. Marianne Hennemann hatte ich 2008 auf der Art Cologne kennengelernt, wo ich bei der Galerie Rothe aus Frankfurt vertreten war. Ab 2010 zeigte dann auch Hennemann auf der Art Cologne mehrfach meine Gemälde.