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reflexionen #5

Funken der Ewigkeit

Malerei Harry Meyer

Sternenlichter, Polyptychon, 2021- 2022, 212 x 227 cm, Öl auf Leinen

Seit Jahrtausenden betrachtet der Mensch den nächtlichen Himmel – so unerreichbar fern entrückt, so wundersam faszinierend – und auch ein wenig furchteinflößend. Für den Philosophen Michel de Montaigne resultiert genau hieraus die Verehrung für die Himmelskörper, prophylaktisch, vorsichtshalber sozusagen: Kein Mensch hat sie je besucht, nichts Genaues weiß man nicht.

Und die feurig leuchtenden Sterne Harry Meyers?

Das Anliegen des Künstlers von Anbeginn seines Schaffens ist die urwüchsige, ungebändigte, gewaltige Kraft der Natur. Das Element Feuer brüllt sich in Rage, das Leuchten spricht, und erzählt vom Scheiterhaufen Giordano Brunos (1548-1600), der als erster frühneuzeitlicher Philosoph ein unendliches Universum ohne Zentrum postulierte – damals Ketzerei! Das Numinose oder seine Personifikationen hatten sich wohl vor den irdischen Streitereien in eben diese Unendlichkeit geflüchtet – wogegen Harry Meyers Sterne mit Lichtblitzen und Energie-Explosionen protestieren. Das Leuchten der Sterne vor der nächtlichen Finsternis verstärkt die Dunkelheit und macht sie gesteigert erlebbar – eine Dunkelheit, in der das Licht der Erkenntnis noch nicht erglänzt.

Der Künstler greift nach den Sternen, nicht weil er auf der Erde nichts mehr verloren oder schon alles gefunden hätte, sondern weil er die Betrachter zu einer Umkehr der Blickwinkel auffordert: Unsere weltlichen, vergänglichen Unzulänglichkeiten werden in den Kosmos projiziert, strahlen zurück und ermöglichen dem Menschen in dieser von außen kommenden Betrachtung die Chance zur Selbstreflexion.

Brigitte Herpich

Drei Tannen

Ein Triptychon ist eine Bildform, in der die Haupt- und die Nebenbedeutungen, oder der neutrale Sinngehalt einer Bildidee und die daraus folgende Logik (die sich über alle drei Bildteile hinzieht), eines Themas zu einer prägnanten Aussage entwickelt werden können. Kommen die Variation der Farbtöne, deren komplementäre Kontraste und der entsprechende Bildaufbau hinzu, entsteht eine „Bild-Vision“. Auch eine Verwendung von z.B. oppositionellen Bildideen in einem Sinnzusammenhang, lässt sich in der Bildform Triptychon, Diptychon oder Polyptychon besonders gut darstellen. Da hier Mehrdeutigkeiten, „Antonyme“ und Zusammenhänge miteinander verwoben, und dadurch sich gegenseitig erklärend, aufgezeigt werden können.

Harry Meyer

Image

Tannen, Triptychon, 2021, 136 x 374 cm, Öl auf Leinen

Malerei Harry Meyer

Gipfel, 2021, 35 x 70 cm, Öl auf Leinen

Malerei Harry Meyer

Gipfel, 2021, 35 x 70 cm Öl auf Leinen

Bergbeben

Strukturgeber der Topographie, petrifizierte Natur und Archiv der Erdgeschichte, Be- und Abgrenzung von Wetterzonen ebenso wie von Kultur- und Lebensräumen. Auch für die geistige Topographie sind die Berge bedeutsam: in der Schwebe zwischen Schreckens- und Sehnsuchtsort, und zwei Welten gleichermaßen zugehörig – dem himmelsstrebenden Geist und der erdgebundenen Materie.
Auch Harry Meyers Berge sind solcher Ambiguität verhaftet, und sie wirken, um mit einem modernistischen Begriff zu sprechen, „multifunktional“. Das Gebirge der blauen Ferne trifft kleine hügelbildende Farbhäufungen in Blickweite, gewaltige Schluchten und Kare deszendieren zu schmalen Gräben und kunstvoll drapierten Fältelungen. Sonnenbeschienene Gipfel, Schatten der Dämmerung, lichte Wärme, starrer Frost – sämtliche Tages- und Jahreszeiten in Farbe gefasst.
Stark abstrahiert, ist der Berg nicht zwingend sofort erkennbar – die ihm eigene Schönheit jedoch ist stets augenfällig.
Und wo ist der Mensch? Harry Meyer hält hinter dem Berge mit ihm, und beschützt vor ihm des Berges archaische, gravitätische und doch verletzliche Natur – als unveräußerlich!

Brigitte Herpich

Der Klang der Tiefe

Das Wasser als Ursprung und Sinnbild des Lebens beschäftigt Harry Meyer seit Langem – Regenbilder waren eine der ersten Serien in der Reihe seiner Naturbilder. Welches Mysterium aber nun birgt das blaue Meer?

Wohl jeder kennt das sprachliche Bild der Wogen, die sich türmen wie Berge – letztere ein Sujet, mit dem sich Harry Meyer ebenfalls künstlerisch auseinandersetzt. „Wellenberge“ stehen für eine Zusammenführung der Elemente Wasser und Erde, für eine Vereinigung des Verschiedenen zu einem neuen Ganzen. Die Höhe des zum Himmel strebenden Berges setzt sich fort in der Tiefe des Meeres, aus welchem er emporsteigt, und in dessen Abgründen ein nicht unwesentlicher Teil von ihm verborgen ist. Wer bereit ist, mit dem Maler tief zu tauchen, kommt elementaren Wirkungskräften auf den Grund: Himmel, Erde, Wasser – alles kristallisiert in einem Augenblick, der  Vergangenheit ist, bevor er gesagt werden kann. Das Geheimnis verliert sich, im Spiel der kräuselnden Wellen – alles ist ruhig. Was bleibt, umschreibt der Dichter Hermann Broch als „azurenes“  Echo – ein Nachhall des Blicks in die Bläue des Himmels auf dem Gipfel des Berges, der im Meer watet.

Brigitte Herpich


Malerei Harry Meyer

Mare Mysticum, 2020, 65 x 200 cm, Öl auf Leinen

 

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